Vertreibung, Armut, Aussichtslosigkeit, Liebe, Abenteuer- und Reiselust, Geschäfte oder auch Zufall, es gab so viele Gründe, nach Argentinien gekommen zu sein.
Bestimmte Personen sind allerdings gleich nach dem Krieg mit falschen Namen und Pässen der „Rattenlinie“ nach Argentinien gefolgt, über ein Netzwerk der katholischen Kirche, das gewichtige Leute im Vatikan oft auch zusammen mit dem Roten Kreuz gespannt hatten, um gesuchten Top-Nazis zur Flucht zu verhelfen.
Eine höchst fragwürdige Hilfeleistung für manchen Massenmörder, jedenfalls für Leute mit dunkler Nazi-Vergangenheit, aber mit entsprechender Verbindung zur katholischen Kirche.
So auch mein Freund Joseph, genannt Sepp. Er war Österreicher und lebt schon lange nicht mehr.
Ich wusste, dass er seinen Aufenthalt in Argentinien dem Vatikan zu verdanken hatte. Er war ein hoher SS-Offizier gewesen, aber ob er einen falschen Namen trug und was seine Aufgabe bei den Nazis war, weiß ich nicht, er hat nie darüber gesprochen.
Aber ich weiß, dass er sein Leben lang darunter gelitten hatte.
Ein einziges Mal äußerte er: „Die Fehler, die ich gemacht habe, kann ich niemals wieder gut machen.“
Er hat nie geheiratet und keine Kinder hinterlassen, die möglicherweise eines Tages den Spuren seiner Vergangenheit nachgegangen und auf schlimme Überraschungen gestoßen wären.
Den Spruch „de mortuis nil nisi bene..., über Tote nur Gutes“, beherzige ich voll und ganz, weil ich ihn nur als guten Freund kannte. Stets hilfsbereit und freundlich war er immer zur Stelle, wenn er gebraucht wurde und das war oft der Fall, denn er war sehr praktisch, im Gegensatz zu mir.
Einmal hat er mir wahrscheinlich sogar das Leben gerettet, als er mich geistesgegenwärtig von der Fahrbahn stieß, während ein Auto viel zu schnell auf uns zu raste. Eine kaputte Hose und Beulen, das war alles, was ich davontrug.
Danke Sepp!
Richard K.
Zeichnung: Gerda Schwarz
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