Donnerstag, 14. August 2014

36. Johannes Luther, der Pazifist


(siehe Beitrag Nr. 34)

Johannes Luthers  männliche Vorfahren, direkte Nachkommen Martin Luthers, waren  immer Pfarrer gewesen,  bis auf seinen Vater, der ein kleines Gut in der Nähe von Frankfurt an der Oder besaß.
Die Kinder waren noch klein, als beide Eltern starben. So musste das Gut verkauft werden, um sie aufzuziehen und später einen Beruf lernen zu lassen.

Johannes wurde Sattlermeister und begeisterte sich für den Sozialismus.  Auch in Argentinien, wohin er etwa 1880 kam, weil ihm der Militarismus in Deutschland zuwider war und ihm gute Freunde dazu rieten, war er eifrig für die Verbreitung des Sozialismus tätig.  Er heiratete Toni Weber und sie eröffneten einen Lederwarenladen in der Straße Carlos Pellegrini, der wunderbare gebogene Schaufenster hatte. In meiner Jugend stand das Haus noch.

Johannes Luther war unter den Deutschsprechenden in Buenos Aires sehr beliebt: Er spielte Zither, leitete den Männerchor, spielte  Theater und gründete eine Bäckerei, um den neu ankommenden Einwandernden und den ganz Verarmten zu helfen, indem er das Brot zum Selbstkostenpreis abgab.

In diesen Jahren gab es in Buenos Aires schwere Seuchen, vor allem das Gelbe Fieber, woran auch er erkrankte,  aber überlebte. Es ging ihnen gut, bis 1890 die Wirtschaftskrise ausbrach und ihn zwang, seinen Laden zu schließen. Es gab keine Arbeit und so sah er sich schweren Herzens gezwungen, den Posten eines Stationsvorstehers bei der damals englischen Eisenbahn in Rio Cuarto anzunehmen.  Das war für ihn und seine Familie ein neues Exil für viele Jahre.

Dort traf sie großes Unglück:  Eine schwere Scharlachepidemie nahm ihnen ihre vier Jungen. Auch der Vater erkrankte und brauchte ein Jahr, um sich zu erholen.

Sie kehrten nach Buenos Aires zurück und kauften in Quilmes ein einfaches Haus mit großem Garten und es kamen noch zwei Jungen dazu.  Dort wohnten viele Deutsche und die Kinder konnten gute Schulen besuchen.  Seine Tochter Emilia wäre gern Lehrerin geworden,  doch ihr Vater war nach einem schlecht geheilten Beinbruch sehr behindert, und, weil sie sehr an ihren Eltern hing und ihnen helfen wollte, nahm sie  mit 18 eine Arbeit im englischen Kaufhaus Harrods an, da sie gut Englisch und Französisch sprach.  Da war sie bald sehr beliebt, doch als 1914 der erste Weltkrieg ausbrach und die „Schwarzen Listen“ (von den Engländern) erschienen, musste man sie entlassen.

So kam Emilia in die damals, eben auch wegen dieser "Schwarzen Listen"
schwer um ihr Bestehen kämpfenden Firma „Casa Gesell“, und trug viele Jahre sehr zu ihrem Erfolg bei. Sie konnte ihrem Vater noch seinen größten Wunsch erfüllen und helfen, dass ihr Bruder Eduard Arzt wurde. 

Für Emilias Vater war der 1. Weltkrieg eine furchtbare Enttäuschung. Er war immer in erster Linie Pazifist gewesen und fest überzeugt, die sozialistischen Ziele und Ideen würden jeden Krieg verhindern.

Emilia Luther 
Sonja Tomys         

Zeichnung: Gerda Schwarz

                                                 

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