Mittwoch, 4. Juni 2014

14. Neues Leben in einem unbekannten Land

Wir wohnten lange Zeit friedlich in Hamburg, mein Vater, der dort mit Schuhen handelte, meine Mutter, mein Bruder und ich. 

Ab 1933 wurde unser Leben immer unerträglicher und spätestens 1938 wusste mein Vater, dass es nur noch eine Möglichkeit gab:

Auswandern! Ein sehr schwieriger Gedanke für einen Menschen, der bisher niemals im Ausland gewesen war. Aber er versuchte es auf gut Glück zuerst einmal mit Argentinien, ohne irgendetwas von dem Land zu kennen oder auch nur gehört zu haben.

Durch einen Zufall hörte er dort von einer französischen  Schifffahrtslinie, die Passagen erster Klasse nach Argentinien vermittelte, und zwar gleich zusammen mit der Einreiseerlaubnis ins Land.

Mein Vater kaufte sofort die teuren Passagen, doch noch mussten wir noch auf den Aufruf warten, ein ganzes banges Jahr, bis  wir endlich die Papiere für meine Mutter, meinen Bruder und mich in den Händen hatten,  und wir ausreisen konnten.

Wir drei kamen genau einen Tag vor Kriegsbeginn in Buenos Aires an, in einem für uns völlig unbekannten Land…


Die Geschichte von meiner Frau Ruth, wie sie hierhergekommen ist,  ist sehr verschieden von der meinigen, obwohl wir beide aus Hamburg stammen, die Familien sich aber dort nicht kannten.

Ruths Vater verkaufte Wein in ganz Amerika, im Norden wie im Süden.
Als er auswandern wollte und musste, wählte er Argentinien, denn für ihn war es das Land der Zukunft. 

Die Familie meiner Frau kam 1933 nach Holland und 1938 nach Argentinien, wo wir uns kennenlernten und 1949 heirateten.

Das Wichtigste für uns Immigranten war: Arbeiten und für unsere  Kinder eine bessere Zukunft aufbauen. Das war hier in Argentinien leicht, wo die Ausbildung gratis war. Alle drei Söhne konnten studieren.


Wir waren 62 Jahre sehr glücklich verheiratet, als Ruth mich  ganz plötzlich für immer verließ….

Rodolfo Goldschmidt



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