Mittwoch, 29. Oktober 2014

58. Nur ein kleines Beben

San Antonio
 3. Wir fanden eine Übernachtungsmöglichkeit in einem kleinen Gehöft, gebaut aus Adobe und ausgestattet mit handgewebten Decken und sogar einer „Badestube“. Zu essen gab es auch, denn ein kleiner Krämerladen gehörte  dazu. Es wurde sogar nach unseren Wünschen gefragt und unter allergrößten Bemühungen der „Patrona“ und ihrer Enkelin auch erfüllt. Hätte ich gewusst, wieviel Mühe die Beschaffung von Milch für sie bedeutete, hätte ich bestimmt darauf verzichtet.

Nach der im Auto verbrachten kalten Nacht krochen wir am Nachmittag in die Betten und plötzlich fing es an zu wackeln. Ich dachte zuerst, dass es noch Reise-Nachwirkungen wären. Dann stellte sich aber schnell heraus, dass es sich um ein Erdbeben handelte.  Natürlich liefen wir auf die Straße, aber die Aufregung der Menschen hielt sich in Grenzen, denn kleine Beben sind dort in der Höhe mehr oder weniger an der Tagesordnung.




Am Abend gab es eine Dankprozession und damit war das Kapitel abgeschlossen.




Mehr Kopfzerbrechen machten sich die Leute um die „Ufos“ die jede Nacht am Himmel erschienen.  Was es damit auf sich hatte, weiß ich nicht. Aber es stimmt, dass in der Nacht immer wieder große leuchtende Kugeln am Himmel zu sehen waren. In dieser Höhe erschienen sie einem sehr nahe und unheimlich.




Von größeren Erkundungsfahrten hatten wir erst einmal genug und deshalb fuhren wir auf einer gut befestigten Straße in Richtung Salta und von dort weiter nach Santiago de Estero.

 Hier wurden wir dauernd von Polizei oder Militär angehalten und registriert. Angeblich weil man lange durch unbewohntes Gebiet fahren musste und im Falle einer Panne festgestellt werden konnte, ob man auf der Strecke liegen geblieben sei.
Santiago del Estero

Dieser Landstrich war unheimlich heiß und staubig und auffallend war, dass das Wasser  sehr salzig schmeckte.

Weil meine Urlaubszeit nur begrenzt war, mussten wir dann auf dem direkten Weg nach Buenos Aires. zurück.

Eine Reise, die mir nun wieder in die Erinnerung gerückt ist. Komischerweise sind es mehr die kleinen unwichtigen Begebenheiten am Rande, als an beeindruckende besichtigungswerte Dinge, die geblieben sind.  Aber jeder reist ja auf andere Weise und jeder auf seine.

Rita Turnsec

Zeichnung: Gerda Schwarz

Sonntag, 26. Oktober 2014

57. Über den Pass

2. Unter stets größer werdender Mühe fuhren wir weiter. Es ging natürlich immer nur bergauf, der Weg wurde enger, die Kurven ebenso und irgendwann passte  der Chevrolet mit seiner Größe nicht mehr um die Kurven. Riskante Manöver verboten sich von allein, denn die Wahl, die wir hatten, war nicht sehr ermutigend: Entweder am Berg entlangschrappen oder mehrere zig-Meter in den Abgrund abrutschen.


So wurde jede Kurve eine Zitterpartie. In vielen kleinen Vor- und Zurücksetzungen, wobei beim Zurücksetzen kurz vor dem Abgrund immer ein dicker Stein vor die Räder platziert werden musste.  Dicke Steine gab es genug, nur ging uns in der ständig zunehmenden Höhe so langsam die Luft aus. Außerdem waren wir durstig, hungrig und auch schon ein bisschen mutlos.

Plötzlich tauchte vor uns ein Pferd auf, das an einem Strauch befestigt war. Hier musste es doch Menschen geben. Wir machten uns laut bemerkbar und wagten es, durch das Gebüsch zu gehen.

Dahinter stand eine Hütte und heraus kam eine Frau in mittleren Jahren. Wir fragten, ob sie uns etwas Essbares verkaufen könne, z.B. Brot, Wurst, egal was, und natürlich, ob wir Wasser haben könnten. Sie konnte uns nichts verkaufen, außer 5 oder 6 Eiern, die sie für uns noch hart kochte. Zum weiteren Weg befragt, sagte sie, dass es immer weiter aufwärts ginge, bis zur Passhöhe.

Diese Frau und der kleine Junge waren die einzigen Menschen, die uns im Laufe dieses langen Tages begegneten.

Die Schufterei in den Kurven ging weiter und als es dunkel geworden war, trauten wir uns nicht mehr weiter. Inzwischen war es lausekalt geworden und ein bisschen Höhenkrankheit hatte uns auch erwischt.

Die nächtlich an unserem Auto vorbeistreichenden Tiere interessierten uns nur insofern, dass wir hofften, dass  kein Puma dabei war, der unsere häufigen kurzen notwendigen Ausflüge in die Landschaft beobachtete.

Sobald die Sonne aufgegangen war wurden wir aktiv. Das Auto hatte inzwischen den Geist aufgegeben, weil wohl das Kühlwasser eingefroren war. Also machte ich mich einfach zu Fuß auf den Weg mit der Überlegung, dass eine „Ruta 40“ irgendwann ja wohl in einem bewohnten Ort ankommen muss. Aber kaum war ich 300 oder 400 m gegangen, hatte ich ein Schild vor mir. Auf diesem stand, dass wir die Passhöhe des Akay, von 4 895, m erreicht hätten.

Mühsam machte ich den Weg zurück. Unglaublich wie wenig Kraft man in dieser Höhe aufbringen kann. Selbst lautes Rufen ist unmöglich.

Na, inzwischen war das Auto wieder startklar gemacht worden. Wir schoben und drückten den Wagen die letzten Meter bis zur Spitze und dann ging es nur noch bergab. Langsam, aber stetig.


In der Mittagszeit kamen wir in „San Antonio de los Cobres“ an. Damals ein kleiner Ort, fast ausschließlich von Indios bewohnt, und die konnten sich nur bekreuzigen, wenn wir sagten, dass wir über den Pass gekommen waren.

Was uns dort alles hätte passieren können. Die Puna (Höhenkrankheit), ein Absturz, ein Puma und nicht zuletzt die „Dama blanca“ (weiße Dame), die dort ihr Unwesen treibt.

Glücklicherweise hat uns davon nichts erwischt, trotzdem waren wir fix und fertig und wir mussten uns erst einmal erholen.

Ende folgt

Rita Turnsec  
Zeichnung: Gerda Schwarz

Mittwoch, 22. Oktober 2014

56. Eine Fahrt ins Nichts


1. Als ich 1973 abermals Argentinien besuchte, stand wieder eine größere Reise innerhalb des Landes zur Debatte. Wieder sollte es in den Norden gehen.  Allerdings mit einem ganz anderen Landschaftsbild als ich es in Misiones kennengelernt hatte.

Von Buenos Aires aus ging es zunächst in Richtung Córdoba, wo wir eine mehrtägige Pause machten und in der Umgebung in den kleinen Bächen und Wasserfällen herumplanschten. Eigentlich war es mir dort aber zu „deutsch“, ich wollte „Fremdes“ kennenlernen.

Deshalb ging die Reise weiter nördlich nach Tucumán. Hier gab es viel zu entdecken. Die  Ausgrabungen aus der Prä-Inka-Zeit, die Höhlenmalereien und die trockene, steinige Berglandschaft. Dazwischen immer wieder winzige Ansiedlungen und plötzlich irgendwo im Nichts eine Schule, wobei man sich fragen musste, wo wohl die Kinder herkommen, die diese besuchen würden.

Wie wir dann zunächst nach Cafayate kamen, ist mir völlig entfallen. Ich weiß nur noch, dass  die Stadt sehr hübsch angelegt und sehr heiß  war. Die Straßen waren für damalige argentinische Verhältnisse ausgezeichnet, und so ging es schon bald weiter zur nächsten Etappe. Cachi hieß der kleine Ort, den wir ansteuerten. Urgemütlich, eine kleine Kirche, ganz aus Kaktusholz gebaut, ein winziges Hotel mit typischer Küche und leckerem Wein.



Ich meine mich zu erinnern, dass wir, um dort hinzukommen, durch das Valle Calchaquís fuhren. Die Straße nannte sich „Ruta 40“ und war recht gut ausgebaut. Das änderte sich aber schon recht bald. Es ging weiter auf  Schotterpiste und durch Geröll und zu beiden Seiten unwirtliche, schroffe Berge. Heiß war es und wir erhofften, bald  eine Ansiedlung zu finden, um ein paar Lebensmittel zu kaufen oder in ein Restaurant zu kommen.


Irgendwo im Nirgendwo stand plötzlich ein kleiner Indiojunge am Straßenrand und wir fragten ihn nach einem Dorf, nein es gäbe keines. Wo er denn wohne….

„da…., weit weg…“ Das war alles was man aus ihm herausbekam.

Plötzlich aber fasste er wohl allen Mut zusammen und fragte, ob wir “Galletitas“ (Kekse) hätten. Nein, die hatten wir nicht, das war ja unser Problem im Moment!

Wir wollten ihm ein bisschen Geld geben. Aber das wollte er nicht. Was sollte er  auch in dieser Einsamkeit damit anfangen? Galletitas waren sein Traum.

Fortsetzung folgt



Rita Turnsec

Zeichnung: Gerda Schwarz

Sonntag, 19. Oktober 2014

55. Ein ganz besonderer Einwanderer

Über die Einwanderung  des europäischen gewöhnlichen Sperlings, oder auch Spatz genannt, nach Argentinien gibt es verschiedene Versionen.

Die eine besagt, dass der berühmte argentinische Ex-Präsident Domingo Faustino Sarmiento, von einer seiner Reisen nach Europa Mitte des 18. Jahrhunderts, den „Gorrión“ (Sperling) mitgebracht hätte.


Eine andere erzählt, dass der gewöhnliche europäische Spatz etwa 1870 auf einem Segelschiff von Liverpool nach Argentinien importiert wurde.

Die netteste, und auch am besten belegte Geschichte ist die, dass im Jahre 1871 der später gut bekannte deutsch-elsässische Bierproduzent Baron Emilio Bieckert, als er zum ersten Mal argentinischen Boden betrat, einige Käfige voller Sperlinge aus Deutschland  mitgeführt hatte, aus welchen Gründen auch immer. Vielleicht sollten sie ihm hier  gleich ein bisschen Heimat vermitteln.















Doch bei der Ankunft im Hafen von Buenos Aires  sollte  Emilio Bieckert  eine Zollgebühr für die Vögel bezahlen, was ihm lächerlich vorkam für so gewöhnlichen Spatzen, die keinen Pfennig wert waren.


Er wollte nicht weiter darüber diskutieren, öffnete die Käfigtüren und ließ die Spatzen, die sich sogar auf der Reise vermehrt hatten, einfach fliegen!

Die Spatzen fanden in der neuen Welt genügend Futter, Nistplätze,  ein gutes Leben und wurden immer mehr, und heute stehen sie in Konkurrenz zu den hiesigen Spatzen, den „Chingolos“, aber für beide ist ja genügend Platz und Futter in Argentinien vorhanden.




Und doch gibt es einen Tango, der die Deplatzierung des „Chingolo“ durch den Sperling beweint:


"Ya no cantas chingolo, donde habrás ido a parar…“

Du singst nicht mehr, Chingolo, wo bist du geblieben?

     

Rosemarie Mueller-Wortmann         Zeichnung: Gerda Schwarz

Mittwoch, 15. Oktober 2014

54. Heimkehr

2. Erst nach drei Jahren, 1947, hatte unsere Odyssee in Portugal ein Ende. Ein guter Freund der Familie setzte sich in Buenos Aires für unsere Rückkehr ein und bezahlte auch die Passagen. Mein Vater war ja noch als Gefangener in England.

In Buenos Aires musste sich meine Mutter natürlich sofort um unseren Lebensunterhalt kümmern, bekam eine Stelle als Sekretärin und lernte abends noch fleißig Schreibmaschine und Stenographie.

Wir vier Kinder wurden verteilt. Mein Bruder Hans kam nach Baradero, ein Internat für Jungen. und
Familie Dobel nahm meinen Bruder Wolf in Pflege.

Wir zwei kleinen Mädchen wurden im deutschen Maria-Luisen-Kinderheim untergebracht.

Dort hatte ich es, als Ältere, gar nicht so leicht, denn schon als kleines Kind lernte ich gewisse  Hausarbeiten zu erledigen.




Mein Vater nach der Heimkehr
Eines Tages stand mein Vater  vor mir, ein unbekannter Mann im langen Regenmantel und Hut, den sonst keiner mehr trug. 7 Jahre hatte ich ihn nicht gesehen. Es war für mich ein fremder Mann, aber trotzdem gab es sofort eine große Zuneigung.

Mit Hilfe katholischer Geistlicher war mein Vater aus dem Gefangenenlager in England nach Deutschland geflohen, wurde zuerst in einem Kloster versteckt  und  ist dann über die berühmt-berüchtigte „Rattenlinie“ wieder zurück nach Argentinien geschickt worden. Als ehemaliger führender Botschaftsangehöriger des Dritten Reiches hätte er für längere Zeit keine Ausreisepapiere erhalten.

Meine Mutter hatte zuerst  bei ihrer früheren Köchin drei Zimmer in einem Haus in Banfield bekommen, bis mein Vater eine Anstellung fand und ein Haus in Olivos, einem Vorort im Norden von Buenos Aires,  mieten konnte.

Nun war die Familie hier wieder vollzählig, aber ein schwerer Schicksalsschlag traf uns dann durch den Tod meines vierzehnjährigen Bruders Hans bei einem Jagdunfall.

Als meine Mutter, noch relativ jung,  nach schwerer Krankheit starb, war ich 15 Jahre alt und musste lernen, mein eigenes Leben zu meistern.





Renata von Wolfersdorff

Zeichnung: Gerda Schwarz





Sonntag, 12. Oktober 2014

53. Goldi

1. Das war mein Vater. Er wurde  so genannt, weil er blendend aussah, gute Manieren hatte, sehr anziehend  in seinem Charakter  und deshalb überall beliebt war. Außerdem trug er den stolzen Namen einer alten adeligen Familie, deren Stammsitz ursprünglich in Sachsen war und deren Stammbaum bis ins 6.  Jahrhundert reicht.
Goldi




1932 kam mein Vater mit 22 Jahren nach Argentinien. Warum? In einer Kadettenanstalt erzogen, hatte er genug vom Militär und  folgte dem Ruf seiner Schwester, die bereits in Argentinien lebte  und ihn lockte mit der Devise:
 „Hier  ist ein Land, wo Milch und Honig fließt“.




Das war aber zuerst gar nicht so, und um ein bisschen Taschengeld zu verdienen, musste er sich kurzfristig sogar  einen kleinen Bauchladen umhängen und  Bürsten verkaufen.


 Aber bald bekam er eine Anstellung bei der Schifffahrtslinie „Dodero“, wo  Gottfried Sandstede diesen attraktiven jungen Mann für die Deutsche Botschaft entdeckte. Dort arbeitete er in der Presseabteilung und es ging ihm bald ausgezeichnet. Er trat überall gut auf und wurde vor allem im Deutschen Reitverein sehr bekannt.

Irmela
Meine Mutter,  Irmela Ivens, wollte eigentlich  Schauspielerin werden und kam mit 18 Jahren und einer Tanzgruppe nach Buenos Aires. Die Familie Nieburger behütete das junge Mädchen,  und als meine Mutter sich als Schwimmlehrerin betätigte, lernte sie meinen Vater kennen.

Es war Liebe auf den ersten Blick und die Hochzeit  fand am 24. Dezember 1933 statt.

Zwei Söhne wurden ihnen geboren und dann  1942 ein Mädchen. Das war ich.

Ich war zwei Jahre alt, als im Juli 1944 die diplomatischen Beziehungen Argentiniens zu Deutschland abgebrochen wurden und unsere ganze Familie zusammen mit allen anderen Botschaftsangehörigen auf der „Rio Jachal“ Richtung Europa ausgewiesen wurde.

Die „Äquatortaufe“ fand am 22. Juli statt und auch ich bekam eine Urkunde. Mehr als 60 Jahre später lernte ich hier in Villa Gesell zufällig den ehemaligen ersten Offizier der „Rio Jachal“, Francisco Reinoso,  kennen, der meine Urkunde damals unterschrieben hatte,  und der mir erzählte, dass auf keiner Reise so viel Alkohol geflossen und es so fröhlich zugegangen sei, wie auf diesem Diplomatentransport…
Die Angst vor der  ungewissen Zukunft in Deutschland im Jahre 1944 hatte dabei wohl eine Rolle gespielt.

Doch in Lissabon war die Fahrt dann plötzlich zu Ende. Die Kriegslage erlaubte keine Weiterreise.
Mit dem Zug wurden wir alle von Lissabon nach Curía, einem portugiesischen Thermalbadeort,  gebracht und wohnten vorläufig in verschiedenen Hotels. Keiner wusste, wie es weitergehen sollte.  Dort wurde auch meine Schwester Jutta geboren.
Curía in Portuga
Nach über 9 Monaten, der Krieg war gerade zu Ende gegangen, wurde mein Vater zusammen mit einigen anderen Leidensgenossen  auf  dem schwedischen Schiff „Drottningholm“ nach England verfrachtet und  dort interniert.

Meine Mutter mit den vier Kindern blieb in Portugal und musste  wie die anderen Frauen mit Stricken, Nähen und anderen Beschäftigungen für einen bescheidenen Unterhalt für sich und ihre vier Kinder  sorgen.


Renata von Wolfersdorff

Zeichnung: Gerda Schwarz

Mittwoch, 8. Oktober 2014

52. Endziel immer Villa Gesell

Nach der großen Fahrt in den Norden sollte der nächste  Teil der Reise dann in südliche Richtung gehen.

Diesmal ging es in den kleinen Badeort Villa Gesell. Die Fahrt dahin war, wie alle Touren, schon das reine Vergnügen. Eine Autostraße gab es noch nicht. Deshalb musste alles gemächlich gehen. Zwischendurch wurden immer wieder Mate-Pausen (Mate-Tee) eingelegt.

Mitgenommene Empanadas (Teigtaschen mit Hackfleisch) und andere Picknick-Dinge wurden verspeist.

Auf halber Strecke, so wie auch bei den späteren Reisen, gab es die große Pause in einem Asado-Restaurant an der Straße in Dolores. In keinem noch so feinen Restaurant hat mir ein Bife (Steak) je so gut geschmeckt wie dort.

Die "Punta", Ziel des täglichen Strandspaziergangs
Auch dieser Spaß ist inzwischen vorbei. Die Straßen sind gut, die Autos sind schnell. Es wird keine Mittagspause mehr eingelegt und den obligatorischen Mate-Tee kann man im Auto trinken.

Auch Villa Gesell ist natürlich im Laufe der vielen Jahre gewachsen und hat sich grundlegend verändert. Damals war es ein winziger, gemütlicher, sehr überschaubarer Ort. Alle Straßen waren noch Sandstraßen, es gab ein paar Geschäfte, wo man sich mit allem Nötigen eindecken konnte.
Der Strand war menschenleer und wir machten öfters, in Ermangelung von anderen Möglichkeiten, ein Feuerchen, um uns ein paar Würstchen in der Mittagszeit zu grillen.








Tante Puppi gab es schon. Sie war die bekannte Reitlehrerin des Ortes. Deshalb wurde ab und zu auch aufgesessen. Aber ich war nur eine mäßig begabte Reiterin, was dem Vergnügen aber keinen Abbruch tat.


Wir wohnten im Pinar (Wäldchen) und dort konnte man am Abend bei wohligen Temperaturen und stockdunkler Nacht von der Terrasse aus die Sterne beobachten, die so tief standen, dass sie fast zu fassen waren.
Als die schöne Zeit vorbei war, war ich von Argentinien so begeistert, dass ich überlegte, ob ich nicht dort ansässig werden sollte. Von Deutschland aus holte ich Informationen ein, wie es mit beruflichen Möglichkeiten für mich sein würde und ich hätte sogar eine Anstellung finden können. Allerdings wären alle meine Examen nicht anerkannt  worden, sodass es immer bei einer Hilfstätigkeit geblieben wäre. Das hat mich dann von diesem Schritt abgehalten und ich denke heute, dass das auch besser so war.



All das Schöne, was ich in späteren Jahren noch in Argentinien kennengelernt habe, wäre vor Ort wahrscheinlich gar nicht möglich gewesen.

RIita Turnsec

 Zeichnung: Gerda Schwarz

Sonntag, 5. Oktober 2014

51. Erlebnis Misiones

2. Unsere nächste Fahrt wurde noch viel aufregender. Per Bus und Schiff ging es in Richtung Misiones. Mit vielen Zwischenstationen kamen wir nach einigen Tagen in Posadas an.

Von dort ging es dann, nun aber durch den echten Urwald, zu den Cataratas des Iguazú, den größten Wasserfällen Südamerikas und angeblich auch den schönsten der Welt.

Der undurchdringliche Wald zu beiden Seiten des Weges, die rote Erde, die holperige Piste gaben mir das Gefühl auf einer echten Abenteuertour zu sein. Wir gingen durch kleine Trampelpfade um zu den Wasserfällen zu kommen. Dabei taumelten  immer wieder wunderbare Schmetterlinge vor uns her. Ab und zu war ein Äffchen oder ein Nasenbär zu sehen und die vielen bunten Vögel beeindruckten mich sehr. Es war heiß und nicht nur feucht, nein, direkt nass wurde man bei den Streifzügen durch den Wald, so hoch war die Luftfeuchtigkeit.

Den tosenden Wassern konnte man so nahe kommen, dass man aufpassen musste, nicht hinabgerissen zu werden.


Und in dieser Wildnis gab es dann auch noch ein kleines Hotel in dem man nach den anstrengenden Exkursionen richtig verwöhnt wurde. Es sah aus wie ein Haus auf dem Lande mit einer Galerie rundherum, wo man die Abende verdösen konnte.

Das war, wie gesagt 1969.

Vor ein paar Jahren  war ich noch einmal dort. Alles hat sich verändert. Der Urwald ist sehr licht geworden, die Wege sind geebnet, die Wasserfälle sind von Aussichtsplattformen umgeben, es fährt eine kleine Besichtigungsbahn und es gibt ein großes Sheraton Hotel inmitten des Nationalparks.
Aber bei meiner Suche nach dem kleinen alten Hotel, tauchte es doch wieder auf, jetzt als Verwaltungsgebäude genutzt.


Nur die rote Erde, die konnte man glücklicherweise nicht verändern.

Rita Turnsec      Zeichnung: Gerda Schwarz

Mittwoch, 1. Oktober 2014

50. Erste Begegnung mit Buenos Aires

Giulio Cesare
1. Von den vielen Reisen, die ich im Laufe der Jahre nach und in Argentinien getätigt habe, sind doch einige Erinnerungen geblieben, die ich erzählen möchte.

Meine erste Reise, damals noch mit dem Schiff, „Giulio Cesare“ auf der Hinreise und zurück mit der „Augustus“ von und bis Genua, trat ich 1969 an.

Ich war damals  in einer Klinik tätig, und eine Arbeitskollegin, Margot Marks und ihre Schwester Dolly Neuhaus, geb. Marks kamen ursprünglich aus Argentinien und hatten mich durch ihre Schilderungen über das lateinamerikanische Land neugierig gemacht. Leider hatten sie aber keine Ambitionen, ihre alte Heimat in absehbarer Zeit zu besuchen, da sie inzwischen Familien gründeten.

Bevor ich die beiden kennengelernt hatte,  war nur Brasilien und Uruguay für mich ein Begriff. Letzteres wegen einer irgendwann stattgefundenen Fußballweltmeisterschaft .

Als dann eine weitere Argentinierin auftauchte, nahm ich das Angebot, doch einfach mit ihr einen Besuch in ihrer Heimat zu machen, sofort gerne an.

Buenos Aires, Avenida  Nueve de Julio
In Buenos-Aires angekommen war ich erst einmal komplett überfordert. Ich hatte mir die Stadt natürlich mehr als typische „Dritte-Welt-Stadt“ vorgestellt und war von der Größe, der Modernität, dem quirligen Leben überwältigt.

Nachdem ich die ersten Asados mitgemacht  hatte, wusste ich auch warum die Argentinier so stolz auf ihre Kühe bzw. ihr Fleisch waren. Vor allen Dingen lernte ich einen „Asado“ noch so kennen, wie es heute vielleicht nur noch in entlegenen Dörfern zelebriert wird. .



Jeder brachte „ Geschirr“ mit, das heißt einen Holzteller, ein Wasser-  oder Weinglas, Serviette, Besteck. Alles in einem Küchenhandtuch eingeschlagen. Das Päckchen wurde dann wieder mit nach Hause genommen und die Gastgeber brauchten nicht zu spülen.



Mein erster Ausflug ging ins Delta vom Rio de la Plata.  Dort hatte Margot und Dollys Onkel ein Haus auf einer kleinen Insel. Schon die Bootsfahrt durch die vielen Kanäle war ein Erlebnis ganz besonderer Art. Für mich war das schon der perfekte Dschungel, was durch die Anzahl der Mücken noch untermalt wurde. Die Übernachtung in dem Haus auf Stelzen war dann zwar aufregend, aber nicht unbedingt das reine Vergnügen.


Rita Turnsec              Zeichnung: Gerda Schwarz