Goldi |
1932 kam mein Vater mit 22 Jahren nach Argentinien. Warum? In einer Kadettenanstalt erzogen, hatte er genug vom Militär und folgte dem Ruf seiner Schwester, die bereits in Argentinien lebte und ihn lockte mit der Devise:
„Hier ist ein Land, wo Milch und Honig fließt“.
Das war aber zuerst gar nicht so, und um ein bisschen Taschengeld zu verdienen, musste er sich kurzfristig sogar einen kleinen Bauchladen umhängen und Bürsten verkaufen.
Aber bald bekam er eine Anstellung bei der Schifffahrtslinie „Dodero“, wo Gottfried Sandstede diesen attraktiven jungen Mann für die Deutsche Botschaft entdeckte. Dort arbeitete er in der Presseabteilung und es ging ihm bald ausgezeichnet. Er trat überall gut auf und wurde vor allem im Deutschen Reitverein sehr bekannt.
Irmela |
Es war Liebe auf den ersten Blick und die Hochzeit fand am 24. Dezember 1933 statt.
Zwei Söhne wurden ihnen geboren und dann 1942 ein Mädchen. Das war ich.
Ich war zwei Jahre alt, als im Juli 1944 die diplomatischen Beziehungen Argentiniens zu Deutschland abgebrochen wurden und unsere ganze Familie zusammen mit allen anderen Botschaftsangehörigen auf der „Rio Jachal“ Richtung Europa ausgewiesen wurde.
Die „Äquatortaufe“ fand am 22. Juli statt und auch ich bekam eine Urkunde. Mehr als 60 Jahre später lernte ich hier in Villa Gesell zufällig den ehemaligen ersten Offizier der „Rio Jachal“, Francisco Reinoso, kennen, der meine Urkunde damals unterschrieben hatte, und der mir erzählte, dass auf keiner Reise so viel Alkohol geflossen und es so fröhlich zugegangen sei, wie auf diesem Diplomatentransport…
Die Angst vor der ungewissen Zukunft in Deutschland im Jahre 1944 hatte dabei wohl eine Rolle gespielt.
Doch in Lissabon war die Fahrt dann plötzlich zu Ende. Die Kriegslage erlaubte keine Weiterreise.
Mit dem Zug wurden wir alle von Lissabon nach Curía, einem portugiesischen Thermalbadeort, gebracht und wohnten vorläufig in verschiedenen Hotels. Keiner wusste, wie es weitergehen sollte. Dort wurde auch meine Schwester Jutta geboren.
Curía in Portuga |
Meine Mutter mit den vier Kindern blieb in Portugal und musste wie die anderen Frauen mit Stricken, Nähen und anderen Beschäftigungen für einen bescheidenen Unterhalt für sich und ihre vier Kinder sorgen.
Renata von Wolfersdorff
Zeichnung: Gerda Schwarz
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Was meinst du dazu?