Sonntag, 26. Oktober 2014

57. Über den Pass

2. Unter stets größer werdender Mühe fuhren wir weiter. Es ging natürlich immer nur bergauf, der Weg wurde enger, die Kurven ebenso und irgendwann passte  der Chevrolet mit seiner Größe nicht mehr um die Kurven. Riskante Manöver verboten sich von allein, denn die Wahl, die wir hatten, war nicht sehr ermutigend: Entweder am Berg entlangschrappen oder mehrere zig-Meter in den Abgrund abrutschen.


So wurde jede Kurve eine Zitterpartie. In vielen kleinen Vor- und Zurücksetzungen, wobei beim Zurücksetzen kurz vor dem Abgrund immer ein dicker Stein vor die Räder platziert werden musste.  Dicke Steine gab es genug, nur ging uns in der ständig zunehmenden Höhe so langsam die Luft aus. Außerdem waren wir durstig, hungrig und auch schon ein bisschen mutlos.

Plötzlich tauchte vor uns ein Pferd auf, das an einem Strauch befestigt war. Hier musste es doch Menschen geben. Wir machten uns laut bemerkbar und wagten es, durch das Gebüsch zu gehen.

Dahinter stand eine Hütte und heraus kam eine Frau in mittleren Jahren. Wir fragten, ob sie uns etwas Essbares verkaufen könne, z.B. Brot, Wurst, egal was, und natürlich, ob wir Wasser haben könnten. Sie konnte uns nichts verkaufen, außer 5 oder 6 Eiern, die sie für uns noch hart kochte. Zum weiteren Weg befragt, sagte sie, dass es immer weiter aufwärts ginge, bis zur Passhöhe.

Diese Frau und der kleine Junge waren die einzigen Menschen, die uns im Laufe dieses langen Tages begegneten.

Die Schufterei in den Kurven ging weiter und als es dunkel geworden war, trauten wir uns nicht mehr weiter. Inzwischen war es lausekalt geworden und ein bisschen Höhenkrankheit hatte uns auch erwischt.

Die nächtlich an unserem Auto vorbeistreichenden Tiere interessierten uns nur insofern, dass wir hofften, dass  kein Puma dabei war, der unsere häufigen kurzen notwendigen Ausflüge in die Landschaft beobachtete.

Sobald die Sonne aufgegangen war wurden wir aktiv. Das Auto hatte inzwischen den Geist aufgegeben, weil wohl das Kühlwasser eingefroren war. Also machte ich mich einfach zu Fuß auf den Weg mit der Überlegung, dass eine „Ruta 40“ irgendwann ja wohl in einem bewohnten Ort ankommen muss. Aber kaum war ich 300 oder 400 m gegangen, hatte ich ein Schild vor mir. Auf diesem stand, dass wir die Passhöhe des Akay, von 4 895, m erreicht hätten.

Mühsam machte ich den Weg zurück. Unglaublich wie wenig Kraft man in dieser Höhe aufbringen kann. Selbst lautes Rufen ist unmöglich.

Na, inzwischen war das Auto wieder startklar gemacht worden. Wir schoben und drückten den Wagen die letzten Meter bis zur Spitze und dann ging es nur noch bergab. Langsam, aber stetig.


In der Mittagszeit kamen wir in „San Antonio de los Cobres“ an. Damals ein kleiner Ort, fast ausschließlich von Indios bewohnt, und die konnten sich nur bekreuzigen, wenn wir sagten, dass wir über den Pass gekommen waren.

Was uns dort alles hätte passieren können. Die Puna (Höhenkrankheit), ein Absturz, ein Puma und nicht zuletzt die „Dama blanca“ (weiße Dame), die dort ihr Unwesen treibt.

Glücklicherweise hat uns davon nichts erwischt, trotzdem waren wir fix und fertig und wir mussten uns erst einmal erholen.

Ende folgt

Rita Turnsec  
Zeichnung: Gerda Schwarz

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Was meinst du dazu?