Mittwoch, 15. Oktober 2014

54. Heimkehr

2. Erst nach drei Jahren, 1947, hatte unsere Odyssee in Portugal ein Ende. Ein guter Freund der Familie setzte sich in Buenos Aires für unsere Rückkehr ein und bezahlte auch die Passagen. Mein Vater war ja noch als Gefangener in England.

In Buenos Aires musste sich meine Mutter natürlich sofort um unseren Lebensunterhalt kümmern, bekam eine Stelle als Sekretärin und lernte abends noch fleißig Schreibmaschine und Stenographie.

Wir vier Kinder wurden verteilt. Mein Bruder Hans kam nach Baradero, ein Internat für Jungen. und
Familie Dobel nahm meinen Bruder Wolf in Pflege.

Wir zwei kleinen Mädchen wurden im deutschen Maria-Luisen-Kinderheim untergebracht.

Dort hatte ich es, als Ältere, gar nicht so leicht, denn schon als kleines Kind lernte ich gewisse  Hausarbeiten zu erledigen.




Mein Vater nach der Heimkehr
Eines Tages stand mein Vater  vor mir, ein unbekannter Mann im langen Regenmantel und Hut, den sonst keiner mehr trug. 7 Jahre hatte ich ihn nicht gesehen. Es war für mich ein fremder Mann, aber trotzdem gab es sofort eine große Zuneigung.

Mit Hilfe katholischer Geistlicher war mein Vater aus dem Gefangenenlager in England nach Deutschland geflohen, wurde zuerst in einem Kloster versteckt  und  ist dann über die berühmt-berüchtigte „Rattenlinie“ wieder zurück nach Argentinien geschickt worden. Als ehemaliger führender Botschaftsangehöriger des Dritten Reiches hätte er für längere Zeit keine Ausreisepapiere erhalten.

Meine Mutter hatte zuerst  bei ihrer früheren Köchin drei Zimmer in einem Haus in Banfield bekommen, bis mein Vater eine Anstellung fand und ein Haus in Olivos, einem Vorort im Norden von Buenos Aires,  mieten konnte.

Nun war die Familie hier wieder vollzählig, aber ein schwerer Schicksalsschlag traf uns dann durch den Tod meines vierzehnjährigen Bruders Hans bei einem Jagdunfall.

Als meine Mutter, noch relativ jung,  nach schwerer Krankheit starb, war ich 15 Jahre alt und musste lernen, mein eigenes Leben zu meistern.





Renata von Wolfersdorff

Zeichnung: Gerda Schwarz





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