Ich bin 1924 in Riga, Lettland, geboren, russischer Abstammung von beiden Eltern und gehöre
zu der Generation, die in den folgenden Jahren in den Strudel der Wanderbewegung
gerissen wurde, die fast die ganze „Alte Welt“ erfasste.
Die Familie meiner Mutter war schon lange vor meiner Geburt
aus Russland vor den Bolschewiken nach Riga geflohen. Meine Mutter war Klavierlehrerin und Opernsängerin. In Riga heiratete sie meinen
Vater. Er war Mathematiklehrer. Ich hatte nur eine viel ältere Schwester, die
sehr jung einen Fabrikanten in Lodz heiratete.
Auch ich heiratete schon mit 20 Jahren, aber da war bereits Krieg, und Lettland war kurzfristig erst von den Russen, dann von den Deutschen besetzt worden. Mein Mann wurde von den Deutschen als Fallschirmjäger eingezogen und nach Naumburg an der Saale in Deutschland versetzt.
Dort traf nach
Kriegsende der Rest der Familie wieder zusammen: mein Mann und ich, meine
Eltern und meine Schwester, die ihren Mann und ihren kleinen Sohn noch in den
letzten Kriegstagen auf der Flucht in
einem Bombenhagel verloren hatte.
Wir wollten natürlich aus der russisch besetzten Zone Deutschlands
nach Westen, was uns durch die Vermittlung eines Verwandten meiner Mutter, eines
einflussreichen russischen Fürsten, zum
Glück auch gelang.
In einem DP-Lager für „Displaced persons“ in Westdeutschland,
den Namen des Ortes habe ich vergessen, wurden wir gesammelt und von dort nach
Liège, (Lüttich), in Belgien transportiert. Dort blieben wir 3 Jahre. Mein Sohn
wurde da geboren, mein Vater starb, meine Schwester bekam Arbeit in einem Kosmetikbetrieb und ich begann mit Erfolg als „Mannequin“ zu
arbeiten, heute würde man sagen, „zu modeln“.
Meine Schwester und ich in Belgien |
Bleiben konnten wir in Belgien allerdings nicht, unsere Aufenthaltsgenehmigung galt
immer nur für 3 Monate. 1948 standen wir vor der Wahl: Nordamerika oder
Argentinien. Wieder half uns eine russische Freundin, sie war aus Argentinien
und das war die Entscheidung. Sie unterstütze uns auch bei der Abreise mit der
„Campana“ aus Genua nach Buenos Aires.
als Mannequin |
als Mannequin in Buenos Aires |
Und mein Hund versteht nur Russisch
Irina S.
Zeichnung: Gerda
Schwarz
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